Mutige Kirche an der Seite der Menschen
Eine mutige afrikanische Kirche, die sich in politische Konflikte einmischt, präsentierte sich in der vergangenen Woche in Aachen. Zu Gast bei den drei Aachener Hilfswerken missio, Misereor und dem Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger’ war das Präsidium der afrikanischen Bischofskonferenz SECAM mit ihrem Präsidenten Gabriel Mbilingi, Erzbischof von Lubango in Angola. Friedensarbeit, Ernährungssicherung und Kindesschutz waren unter anderem die Themen, die bei den Gesprächen in den drei katholischen Werken von Dienstag bis Samstag auf der Tagesordnung standen. Das Symposium der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar (SECAM) ist die kontinentale Vereinigung der nationalen Bischofskonferenzen Afrikas und übernimmt eine koordinierende Funktion.
„Alle Fragen zur Kirche in Afrika bedürfen wegen der Größe des Kontinents und der Vielzahl an Ländern einer komplexen Antwort“, machte SECAM-Generalsekretär, Pfarrer Edouard Mombili, deutlich. „Uns eint jedoch, dass wir unter dem christlichen Leitgedanken ‚Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung‘ eine Kirche sind, die in vielen Ländern als Partner in politischen Gesprächen gefragt ist.“ Und dabei zeigt sich diese Kirche mutig und an der Seite der Bevölkerung. „Häufig sind es die Ortsbischöfe, die sich in politische und ethnische Konflikte einmischen, Partei ergreifen für die Bevölkerung oder ganz aktiv Schutz bieten, wenn vordergründig Krisen und Kriege um Rohstoffe und Territorien fälschlich zu religiösen Konflikten gemacht werden.“ Deutlich werde dies zum Beispiel in der Zentralafrikanischen Republik, wo sich Bischof und Imam Seite an Seite den Konfliktparteien entgegen stellen. „Als Kirche leiden wir darunter, dass man uns als Teil vieler Krisen bezeichnet“, ergänzte SECAM-Vizepräsident Mathieu Lebouakehan, Bischof von Mouila in Gabun. „Wir lassen uns jedoch nicht entmutigen und werden weiterhin eine Vermittlerrolle bei Krisen und Konflikten einnehmen.“ Um politisch nah am Geschehen zu sein, habe man kürzlich ein Büro in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba eröffnet, so Erzbischof Mbilingi. „Dort ist auch der Hauptsitz der Afrikanischen Union, und wir brauchen die Nähe und die Teilnahme an den Sitzungen der politischen Gremien als Grundlage für unsere häufige Rolle als Schiedsrichter bei Krisen und Problemen“, so der SECAM-Präsident.
Kindesschutz und Kinderrechte
Im Mittelpunkt der Gespräche im Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger’ standen die Themen Kindesschutz und Ernährungssicherung. Mehr als 700 Hilfsprojekte konnte das Kindermissionswerk 2015 mit einer Gesamtsumme von über 23 Millionen Euro in Afrika unterstützen. Mit Präventions- und Ausbildungsprogrammen will das Hilfswerk der Sternsinger zukünftig auch in den dortigen Projekten dem Thema Kindesschutz zu noch mehr Bedeutung verhelfen. „Wenn wir mit unseren Ideen und Programmen zum Kindesschutz in Afrika erfolgreich sein wollen, dann brauchen wir die afrikanische Bischofskonferenz und die Ortsbischöfe als Partner“, machte Prälat Dr. Klaus Krämer, Präsident des Kindermissionswerks und von missio, deutlich. „Kindesschutz und Kinderrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Der Respekt vor Kindern ist die Grundvoraussetzung zur Vermeidung von Gewalt und Missbrauch“, lud Prälat Krämer die SECAM-Vertreter ein, das Langzeitprojekt gemeinsam mit dem Kindermissionswerk zu begleiten.
Sprachrohr und Schlichter
Das Internationale katholische Missionswerk missio Aachen begleitet die Arbeit der SECAM seit vielen Jahren. Die Kooperation hat zum Ziel, die Vernetzung der pastoralen und gesellschaftlichen Arbeit der katholischen Kirche in Afrika zu fördern. So wird besonders der Austausch der verschiedenen Bischofskonferenzen des Kontinents gefördert, um voneinander zu lernen und kontinentalweite Probleme gemeinsam zu diskutieren sowie Lösungsansätze zu entwickeln. Mehr als 560 Projekte unterstützte missio 2015 mit insgesamt mehr als 15 Millionen Euro in Afrika. „Es ist beeindruckend, wie die afrikanische Kirche aktiv und unerschrocken ihre Rolle als Sprachrohr der Bevölkerung, als Mediator bei gesellschaftlichen Problemen und als Schlichter in bewaffneten Konflikten ausübt“, machte Prälat Krämer deutlich. „Hier wird tatsächlich Weltkirche erfahrbar, die sich gestützt durch das mutige Auftreten von Papst Franziskus nicht nur in sakrale Räume zurückzieht, sondern sich einmischt, Partei ergreift und politische Verantwortung übernimmt.“
Potenziale Afrikas in den Blick nehmen
Auch das Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR kooperiert seit vielen Jahren mit der afrikanischen Bischofskonferenz. „Durch den Beobachterstatus bei der Afrikanischen Union kann sich SECAM mit den Anliegen der nationalen und regionalen Bischofskonferenzen Afrikas unmittelbar in den politischen Diskurs der einzelnen afrikanischen Länder einbringen und sich dort unter anderem für Demokratieförderung und gute Regierungsführung einsetzen“, so MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. Zur Sprache kam beim Austausch zwischen MISEREOR und SECAM auch der von Entwicklungsminister Gerd Müller konzipierte Marschallplan. Die im Marschallplan fokussierte Orientierung der künftigen Entwicklungspolitik Deutschlands wurde einhellig begrüßt. Damit der vorgeschlagene Ansatz einer neuen Art der Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa gelingen kann, müssten allerdings die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen in kohärenter und fairer Weise angepasst werden. „Europa und Afrika bedingen einander“, erklärte Spiegel. „Wir sollten daher die Potenziale Afrikas mehr in den Blick nehmen, nicht nur die Probleme. Afrika ist voller guter Ideen“, so der MISEREOR-Hauptgeschäftsführer in Anspielung auf das Motto der MISEREOR-Fastenaktion. Dort steht das westafrikanische Burkina Faso im Mittelpunkt, ein Land, das beispielhaft für einen friedlichen Weg hin zu mehr Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung und Stabilität steht. Derzeit fördert MISEREOR in Afrika über 900 Projekte in Höhe von über 230 Millionen Euro.
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PM 03-2017
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